Hallo,
der Vespavirus hat mich voll und ganz erwischt. Bevor es losgeht möchte ich mich kurz vorstellen. Ich heiße Jens, komme aus Niedersachsen und habe nach längerer Abstinenz nun wieder zur Vespa gefunden. So habe ich mich mit dem Beginn des letzten Winters mit dem Wiederaufbau einer P200E beschäftigt.
Erfahrungen mit 2-Takt Motoren und Fahrzeugtechnik habe ich und auch eine kleine Schrauberwerkstatt.
Als das gute Stück im letzten Jahr zu mir kam, stellte ich nach und nach verschiedene Fehler fest. Die Gänge sprangen heraus, das Anspringverhalten war mehr als schlecht, der Benzinhahn schloss nicht richtig und sogar der Kabelbaum war völlig verhärtet und Brüchig. Der Rahmen und Tank sind jedoch in nahezu rostfreiem Zustand. Des Weiteren war beim Fahren vor allem Teillastbereich und insbesondere beim darauffolgenden durchbeschläunigen ein rasseln, ähnlich dem vibrierenden Blech des Handschuhfachdeckels, zu hören.
Das Springen der Gänge wurde nach Überprüfung der Schaltraste und den dazugehörigen Seilzügen als verschlissenes Schaltkreuz diagnostiziert. Die Laufleistung der Vespa Betrug zu der Zeit knapp 28.000 km.
Da neben dem defekten Schaltkreuz verlor der Motor auch Getriebeöl, so dass sich ein Spalten des Motors anbot.
Insgesamt wurde der Motor gespalten, das Schaltkreuz sowie die Anschlaggummis des Kickstarters ersetzt sowie das Gehäuse mit einer neuen Dichtung versehen.
Bei der Demontage des Zylinders war zu erkennen, das der Kolben Fressspuren zeigte. Auch war ein leichter Alu-Antrag im Zylinder zu sehen. Der untere Kolbenring ließ sich bewegen, aber vom Gefühl eher klebrig. Der obere Kolbenring war völlig festgeklebt / festgebacken und auch mit "Gewalt" nicht freizubekommen (Zu heiß gelaufen? Zu lange Standzeit?). Die bis dahin verwendete Zündkerze war rehbraun, im Auspuff waren keine starken Ablagerungen vorhanden. Im Handschuhfach fand ich eine ältere Flasche mineralisches Zweitaktöl, das vom Vorbesitzer offensichtlich verwendet wurde.
Der Antrag wurde mit Ätznatron entfernt und ein neuer Kolben mit neuen Kolbenringen und Bolzen verbaut. Den Zylinder habe ich weiterverwendet.
Folgendes wurde im Laufe des Wiederaufbaus erledigt:
- Einzug neuer Züge und Hüllen, da die alten besonderes im Bereich des Lenkers stark verschlissen waren.
- Ersatz des alten nicht mehr korrekt schließenden Benzinhahns.
- Einzug eines neuen Kabelbaumes, da die alten Leitungen von 1981 sehr brüchig zerbröselt waren.
- Einstellen der Zündanlage auf 23 v. OT (Abgeblitzt mit Stroboskoplampe)
- Reinigung des Vergasers (Komplett zerlegt inkl. aller Düsen) und Neuabdichtung.
- Ersatz von Schwimmernadel und Benzinfilter im SI vergaser.
- Ersatz des "Benzinrohres" durch einen neuen Benzinschlauch.
- Einbau einer neuen Zündkerze mit Elektrodenabstand von 0,6 mm (mit Fühllehre eingestellt)
- Montage einer neuen ZDI (Originalteil) da bei der Alten das Massekabel weggebröselt war.
- Zündkabel und Kerzenstecker wurde ebenfalls erneuert, da der alte Stecker recht ausgenudelt war.
Nach der Wiedermontage und dem Befüllen mit neuen Sprit und Zweitaktöl (1:50) wurde der Vergaser wurde grob eingestellt (LL Schraube 1,5 Umdrehungen raus. Standgasschraube eine Umdrehung rein)
Nach zweimaligem Kicken sprag der Motor an. Standgas wurde eingestellt, so dass der Motor "ruhig" im Stand vor sich hin rattert.
Die Freude war groß und es folge die Einfahrphase des neuen Kolbens. Die Maschine wurde vorsichtig eingefahren und die Belastung allmählich gesteigert. Während der Einfahrphase wagte ich mich vorsichtig immer weiter an die Endgeschwindigkeit und etwas längere Abschnitte mit Vollgas.
Die Endgeschwindkeit beträgt weiterhin ca. 85km/h nach Tacho und GPS. Das Beschleunigungsklingeln, vor allem aus dem Teillastbereich heraus ist trotz des neuen Kolbens geblieben. Ich habe die LL Schraube noch eine halbe umdrehung rausgedreht und würde Behaupten, das das Knistern verschwunden, bzw. weniger geworden ist.
Mit der Endgeschwingkeit war ich allerdings nicht ganz zufrieden. Schließlich habe ich schon von mehreren Seiten gehört und gelesen, das ca 95 Km/H drinn sein müssen.
Nach dem erneuten Ausbau der Zündanlage viel mir auf, das der Simmerring hinter der Lichtmaschinenseite defekt war. Es war dort schmierig von abrinnendem Zweitaktöl. Nach dem Wechsel des Simmerrings / Wellendichtrings, habe ich den Vergaser nach der SI Anleitung eingestellt.
"Etwas erhöhtes Standgas, dann die LL Schraube herausdrehen, bis die Drehzahl ansteigt und wieder absinkt und dann zurück auf den Scheitelpunkt stellen" - Das entspricht bei meinem Vergaser 1,1/4 Umdrehungen. Die Maschine erreicht nun eine Geschwindigkeit von ca. 90 km/h, springt gut an, läuft sauber im Stand und dreht sauber hoch. +
Das Problem ist nur: Das Teillast- Knistern / Rasseln / Klopfen tritt wieder auf
Die Zündkerze ist am Isolator hellbraun, mein Gefühl sagt mir, das es fast zu hell ist.
Des Weiteren ist mir aufgefallen, dass wenn ich den Motor im Stand, bzw. im Ersten Gang (vor allem wenn er kalt ist) hochdrehen lasse, er ab einer gewissen hohen Drehzahl anfängt zu viertakten und blau zu rauchen.
Schaltet man jedoch in den normalen Zyklen hoch fährt die Maschine ganz normal,ohne zu rauchen.
Das Getrieböl wurde schon kontrolliert. Es riecht nicht nach Sprit und ist auch nicht dünnflüssig.
Ich bin mit meinem Latein an Ende und hoffe das einer von Euch die zündende Idee hat, was ich noch machen kann. Ich möchte schließlich nicht, dass der Kolben wieder frisst oder klemmt.
Ich habe hier viel im Forum gelesen, habe aber nicht das Richtige finden können. In den meisten Threads mit ähnlichen Problemen geht es fast immer um Tuning. Bei mir ist alles Original. Die Maschine ist mit 7 KW ( 10PS eingetragen).
Danke fürs Lesen und hoffentlich auch antworten.
Jens